Schildern Sie uns die Idee zu dem konkret von Rajapack unterstützten Projekt („Vorbeitungskurs“) und dessen Inhalte?
„Die Vorbereitungskurse sind wesentlicher Bestandteil unserer Arbeit. Zu uns kommen u.a. Mütter, deren Schulzeit bereits viele Jahre zurückliegt oder, die keinen guten Abschluss vorzuweisen haben. Frauen mit Migrationshintergrund oder Fluchtgeschichte, die große Schwierigkeiten mit der Deutschen Sprache haben. Ohne gute Vorbereitung können diese Frauen nicht ohne weiteres in Ausbildung oder Arbeit vermittelt werden. Im schlimmsten Fall müssen sie nach einiger Zeit die Ausbildung abbrechen. Parallel zu unserem Konzept „Teilzeitausbildung für Mütter“ haben wir dann auch den ersten Vorbereitungskurs entwickelt und die Angebote mit den Jahren auch um Pflegeberufe erweitert. Neben der Auffrischung von Mathekenntnissen und Fachunterricht in der Pflege benötigen viele Frauen auch eine intensive Sprachförderung. Über integrierten, berufsspezifischen Deutschunterricht werden außerdem wichtige Ausbildungsinhalte vermittelt. In unseren kreativen Workshops lernen die Frauen, sich selbst zu präsentieren, frei zu sprechen und insgesamt selbstbewusster aufzutreten. Alles wichtige Voraussetzungen später im Beruf.“
Welche Institutionen sind an dem Projekt beteiligt? Wo und wie gewinnen Sie die Partner? (für Sprachkurse, Tanz- oder Theaterworkshops)
„Die Sprachförderkurse werden von Dozentinnen und Mitarbeiterinnen durchgeführt, die sich regelmäßig in diesem Bereich weiterbilden. Bei der Umsetzung unserer unterschiedlichen kreativen Angebote arbeiten wir mit erfahrenen Künstlerinnen oder Tanz- und Theaterpädagoginnen zusammen. Wichtig ist uns, dass es eine Premiere der Theateraufführung vor Publikum gibt, wenn möglich in einem richtigen Theater. Hier sind die unterschiedlichen Theater in Frankfurt wirklich sehr kooperativ. Nach dem Theaterprojekt bekommen wir sehr häufig die Rückmeldung, wie glücklich Schauspielerinnen waren vor ihren Familien und Freunden und vor allem vor ihren Kindern auf der Bühne zu stehen. Gerade die Kinder sind dann sichtlich stolz auf ihre Mütter. Wir hatten bisher keine Aufführung, in der nicht laute „Mama, Mama“-Rufe zu hören waren.“
Wie finden die Frauen den Weg zum VbFF e.V.?
„Der Großteil unserer Teilnehmerinnen kommt tatsächlich über „Mundpropaganda“ zu uns. Meist hat eine Freundin, die Schwester oder Nachbarin schon mal bei uns einen Kurs oder sogar die Ausbildung gemacht. Gerade bei Müttern – mit und ohne Migrationshintergrund – ist der VbFF sehr bekannt, weil unsere Angebote größtenteils in Teilzeit stattfinden und damit die Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung erst möglich wird. Im zweiten Schritt benötigen die Frauen aber meistens noch ein „Einverständnis“ vom zuständigen Jobcenter – die sogenannte Zuweisung. Die meisten Frau beziehen bis dahin nämlich noch Hartz IV. Natürlich machen wir aber auch zusätzliche Werbung für unsere unterschiedlichen Angebote. Z.B. legen wir Flyer aus in Kindergärten, bei Ärzt*innen und in Beratungsstellen.“
Wie finden Sie im Anschluss an den Vorbereitungskurs Lehrstellen für die Frauen?
„Bei der Suche nach Ausbildungsstellen kommen unsere langjährige Expertise und unsere gute Vernetzung zum Tragen. Mit den Jahren konnten wir uns einen guten Unternehmenspool aufbauen. Wichtig ist auch die enge Zusammenarbeit mit Kammern und Pflegeschulen. Damit die Frauen sich ein realistisches Berufsbild machen können, absolvieren viele ein Praktikum während des Vorbereitungskurses. Wenn das Praktikum gut gelaufen ist, kann es schon mal passieren, dass der Betrieb die Frau dann auch gleich als Auszubildende dabehält.
Mit Bewerbungs- und Präsentationstraining bereiten wir die Teilnehmerinnen dann bestmöglich auf die Vorstellungsgespräche vor. Hier kommen ihnen die Übungen aus den kreativen Workshops zu gute. Mit allem gewappnet gehen sie dann auch regelmäßig in die Betriebe und geben ihre Unterlagen initiativ ab. Das kostet gerade am Anfang sehr viel Überwindung, aber die Methode hat sich bewährt. Die Frauen können nämlich auch mit ihrer Persönlichkeit und ihrem Engagement punkten. Weniger gute Zeugnisse fallen so manchmal nicht so stark ins Gewicht. Einen wesentlichen Teil der Arbeit leisten wir aber mit unseren Akquise-Teams. Die suchen Stellenanzeigen raus, erläutern unsere Arbeit nochmal genauer und verschicken die Bewerbungsunterlagen.“
Können Sie uns den Lebensweg einer am Projekt beteiligten Person beschreiben, der Sie besonders berührt hat? Können Sie uns den Lebensweg einer am Projekt beteiligten Person beschreiben, der Sie besonders berührt hat?
„Mit den Jahren habe ich viele Geschichten gehört und Schicksale gesehen, die mich berührt und traurig oder sogar wütend gemacht haben. Doch unsere Arbeit hat auch viel mit Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen zu tun. Aus diesem Grund möchte ich von einer Teilnehmerin erzählen, die sich gerade auf einem sehr guten Weg befindet. Die junge Frau ist in Äthiopien aufgewachsen und wollte schon immer Krankenschwester werden. Da die Kosten für die Ausbildung zu hoch waren, entschied sie sich für einen Wirtschaftsstudiengang. Als sie aufgrund der politischen Unruhen ihr Heimatland verlassen und nach Deutschland fliehen musste war das natürlich eine enorme Belastung. Ohne ausreichende Deutschkenntnisse blieb auch eine Ausbildung ein fernes Ziel. Im letzten Jahr startete sie dann mit unserem Orientierungskurs für junge geflüchtete Frauen „Ankommen-Weiterkommen“. Ihre Deutschkenntnisse machten unglaublich rasante Fortschritte. Als sie nach einer Weile von unserem Vorbereitungskurs für die Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin erfuhr, war sie natürlich total aus dem Häuschen. Mittlerweile besucht sie den Kurs erfolgreich und wir sind sicher, dass sie im nächsten Jahr mit der Ausbildung beginnen kann. Ihrem Traum Krankenschwester zu werden ist sie damit ein sehr großes Stück näher gekommen.“